Sturget, Ulm und Biberach. Meckebeure. Durlesbach. Und Friedrichshafen. Ein Reisebericht.
Wie neulich befürchtet, ist die Rheintalbahn auch zur Zeit meiner heiß ersehnten Retreats nach Alp Grüm noch unterbrochen. Ich wollte ursprünglich Freitag morgens mit der ersten Verbindung in Richtung Schweiz aufbrechen (damit steht "früher losfahren" nicht zur Debatte), habe mich aber nach Bekanntwerden der Streckensperrung dazu entschlossen, mr den ersten Tag auf der Alp nicht um den SEV-Zeitverlust zu verkürzen und habe nach Alternativrouten zur Umfahrung, zähneknirschend mit einer zusätzlichen Übernachtung auf halber Strecke gesucht.
Es fiel schließlich die Wahl auf Friedrichshafen am Bodensee als Übernachtungsort: Von daheim angemessen flott erreichbar, bietet es geschickten Zugang zu zwei Eisenbahn-Grenzübergängen und der Linienschiff-Verbindung über den See in die Schweiz. Und so machte ich mich vorhin auf den Weg an den Bodensee.
Geplant war eine entspannte Fahrt mit dem IC 2295, den ich so oft zum Pendeln von Frankfurt nach Hause verwende, dass ich in seine Pünktlichkeit ein angemessen hohes Vertrauen habe, nach Ulm, um dort nach Nutzung eines Schnellrestaurants im dortigen Hauptbahnhof mit dem IRE an den Bodensee weiterzufahren. Wegen des ungeschickten drei-oder-dreiunddreißig-Minuten-Nichtanschlusses von daheim an den Umstiegsort Heidelberg lade ich die @Zugschlusine in das ganz nette Bahnhofsrestaurant nach Heidelberg ein.
Der 2295 kommt pünktlich an, fährt dann aber nicht weiter. Der Zugchef sagt an, dass sich die Weiterfahrt noch um wenige Minuten verzögern wird, und mir rutscht ein wenig das Herz in die Hose, als die S-Bahn auf dem Nebengleis, die sonst wegen Fahrstraßenkonflikt immer erst hinter dem 2295 abfahren darf, sich in Bewegung setzt. Ich suche mir das Zugteam und bekomme dort die Antwort, dass die Ablöser des Zugpersonals nicht eingetroffen seien. Die nun geplante neue Ablösung kommt mit einem ICE, der extra deswegen über Heidelberg umgeleitet wird und dort einen Sonderhalt erhalten wird. Zusätzlich kommt in wenigen Minuten der IC 2213, der ebenfalls nach Stuttgart fährt.
Wie man es dreht und wendet, der geplante Zug von Ulm nach Friedrichshafen ist weg. Ich entscheide mich, mit der nächsten verfügbaren Möglichkeit nach Stuttgart weiterzufahren, um dort mehr Freiheiten zur Disposition zu haben. Das wäre dann der 2213. Also raus aus dem 2295, rüber nach Gleis 9, rein in den gerade einfahrenden 2213. Türen zu und los.
"Guten Tag meine Damen und Herren. Leider müssen wir wegen einer technischen Störung an einem unserer Wagen heute über die Altstrecke fahren, und werden Stuttgart mit einer Verspätung von ca 25 Minuten erreichen". Mist.
Den größten Teil der Fahrt über Bruchsal, Mühlacker und die Weltstadt Sachsenheim verbringe ich mit dem DB Navigator und der Planung der Weiterfahrt. Wegen Zugfolge legen wir schon vor Vaihingen nochmal zehn Miese nach, begegnen am Bahnstieg in Vaihingen einem auf dem Gegengleis fahrenden Güterzug in Richtung Mühlacker und kommen mit +32 in Stuttgart an. Der 2295 hat inzwischen eine miese Dreiviertelstunde, wird jedoch von uns in Stuttgart gerade nicht mehr erreicht. Damit sind die +62 wegen des verlorenen Anschlusses auf die Südbahn perfekt, ich schreibe das dritte Fahrgastrechteformular der letzten Woche.
Ich habe mich derweil entschieden, den um 21:01 Uhr in Stuttgart abfahrenden IRE nach Lindau via Ulm und Friedrichshafen erstmal fahren zu lassen und stattdessen wenigstens schnell was in Stuttgart zu essen, um nicht komplett ohne richtiges Abendessen ins Bett zu müssen: Der ICE 693 fährt um 21:13 Uhr und erreicht den in Ulm umgespannt werdenden IRE ebendort mit einem knackigen Fünfminutenanschluß am gleichen Bahnsteig von Gleis 2 nach Gleis 3. Das dürfte auch unter Berücksichtigung des ersten Haberschen Umsteigeaxioms ("der Zug auf den Du willst wartet nie") klappen.
Während ich gerade auf meinen Burger warte, springt der 693 auf +15 ("Streckensperrung"). Mist. Das wird eng, das riskiere ich nicht. Mit dem frischen Burger in der Hand renne ich über die Stuttgart-21-Baustelle, springe in den zum Glück nicht ganz pünktlichen IRE und lasse mich im unbequemen, vollen Doppelstockwagen nach Ulm fahren. Der Ingo im Zug stottert, spricht mal nur die ersten zwei Worte seiner Ansage, mal nur die letzten vier, fünf Phoneme. Dem Zugpersonal ist die unterentwickelte Fahrgastinformation egal, an die Sprechstelle bemüht sich jedenfalls niemand. Wer ncht weiß, wo man ist, hat offensichtlich Pech gehabt.
In der Anfahrt auf Ulm wird die Abfahrtsprognose meines bis dato pünktlichen IRE auf +19 korrigiert. Ein Paradebeispiel des zweiten Haberschen Umsteigeaxioms ("der Zug auf dem Du schon sitzt wartet immer"). Fahrgastinformation im IRE unterbleibt. Recht schonen Dank, hätte ich das vorher gewusst hätte ich in Stuttgart in aller Ruhe gepflegt zu abend essen können und wäre dann ganz gemütlich mit dem 693 nach Ulm gefahren.
Der DB Navigator liefert während der Wartezeit in Ulm absurdes Theater vom Allerfeinsten. Behauptet er zunächst, dass der IRE mit +19 in Ulm abfährt, aber auf dem Weg nach Friedrichshafen so viel Luft im Fahrplan hat, dass er in zwei großen Blöcken so viel Verspätung abbauen kann dass er in Friedrichshafen pünktlich ankommt, führt er uns nach Abfahrt des verspäteten ICE 693 als "längst abgefahren, +10 bis zur Wende in Friedrichshafen", während wir zu der Zeit, zu der wir nach Berücksichtigung der Verspätung bereits in Erbach sein sollten, gerade erst in Ulm anrollen. Erst nach dem Verlassen des Eisenbahnknotens kehrt die Darstellung im DB Navigator zu etwas zurück, was man mit viel gutem Willen als mit der Realität kongruent bezeichnen könnte. Nach Ulm meldet sich auch die Zugbegleiterin über Lautsprecher, erklärt 17 Minuten Verspätung wegen Warten auf Anschlußreisende und wünscht eine gute Fahrt. Für den Rest der Fahrt passt es mit der Fahrgastinformation; wenn der Ingo stottert oder falsche Ansagen macht, meldet sich der Lokführer und korrigiert.
Die Weiterfahrt bis Friedrichshafen verläuft ohne weitere Vorkommnisse; ich drücke bei der Einfahrt in den Bahnhof auf "Publish" und hoffe, dass der Weg ins Hotel stressfrei verläuft.
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