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Bauen, aber wie?

Parallel zur Suche nach einem Bauplatz suchen wir nach jemanden, der uns ein Haus baut, ohne uns dabei über den Tisch zu ziehen. Dabei müssen wir unter anderem die Entscheidung treffen, ob wir ein massives Haus oder ein Fertighaus bauen wollen.

Eigentlich sprechen alle Zeichen für ein Haus in der klassischen Massivbauweise, Stein auf Stein. So macht man es halt, und ich habe nie großartig Energie darauf eingesetzt, die Alternativen zu beleuchten. Sandra schleift mich eines Tages mit in das Deutsche Fertighaus-Center, das direkt am Mannheimer Maimarktgelände und somit nahezu direkt vor unserer Haustür liegt.

Fertighäuser sind billig, unflexibel, hellhörig, schlecht isoliert und nicht langlebig. So lautet das allgemeine Vorurteil, das auch ich mit auf das Gelände bringe. Ich verlasse das Gelände drei Stunden später, informationsüberladen und grübend darüber, ob meine Meinung immer noch die richtige ist. Ich werde sie revidieren müssen.

Wenn man heute ein Fertighaus baut bzw. anfertigen und aufstellen lässt, bekommt man in fast allen Fällen ein Haus in Holzständer- oder Holztafelbauweise. Dabei wird jede Wand im Werk des Herstellers aus Holzbalken in eine Fachwerkkonstruktion vorgefertigt. Zwischen das Fachwerk kommen Isolationen, auf beiden Seiten kommen Gips- oder sonstige Faserplatten drauf, von außen wird dann noch einmal isoliert und verputzt. Ähnlich sind die Geschoßdecken aufgebaut; das Dach wird aus Holzbalken gebaut, isoliert und mit Dachziegeln gedeckt wie das Dach auf einem Stein auf Stein gebauten Haus auch.

Womit wir direkt bei der Isolation wären: Ein Stein auf Stein gebautes Haus erreicht in aller Regel mit zusätzlicher Außenisolierung KFW 70, für bessere Werte muss man schon in die technische Trickkiste greifen und mit einer kontrollierten Be- und Entlüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung arbeiten. So zumindest die Stein auf Stein bauenden Bauträger, mit denen wir gesprochen haben. Ein Fertighaus dagegen kommt bei vielen Herstellern schon ohne technische Klimmzüge auf das bessere KFW 55. Zur Förderung von Energieefiizienzhäusern werdehabe ich noch einen gesonderten Artikel schreibengeschrieben.

Zum Thema Langlebigkeit stellt man sich die Frage: Was sind die ältesten Häuser, die heute noch stehen? Richtig: Fachwerkhäuser. Ein heutiges Fertighaus kann man zwar vermutlich nicht mit dem vergleichen, was im fünfzehnten und sechzehnten Jahrhundert gebaut wurde, aber die Bauprinzipien sind erstmal dieselben. Und dann stellt sich natürlich die Frage, wie wichtig die Langlebigkeit eines Hauses ist, wenn man heute schon wieder anfängt, in den 1950ern oder 1960ern gebaute Häuser abzureißen, weil ihr Energieverbrauch so absurd hoch ist, dass man langfristig mit einem modernen Neubau besser fährt...

Bei der Hellhörigkeit muss man in der Tat aufpassen. Dazu werde ich später noch einen eigenen Artikel schreiben; die Thematik ist kompliziert. Das muss ich mir, bevor ich darüber schreibe, nochmal vom Architekten erklären lassen.

Die sprichwörtliche Unflexibilität eines Fertighauses ist heute kein Hinderungsfaktor. Früher war es in der Tat so, dass die Fertighaushersteller nur ihre Standardgrundrisse geliefert haben, und wenn man den Grundriss nicht mochte, hat man halt Pech gehabt, und konnte sich höchstens ein anderes Modell aussuchen. Das war die Zeit, wo der Begriff "Fertighaus" noch gestimmt hat. Heute möchte man eher von einem vorgefertigten Haus sprechen, dann inzwischen kann man eigentlich bei allen Anbietern völlig frei nach Gusto planen; schräge Wände etc sind gar kein Problem mehr. Natürlich hat jede Abweichung von dem, was man günstig bauen kann, ihr ganz eigenes Preisschild; und jeder Fertighausanbieter hat auch seine Standardgrundrisse im Angebot, die besonders günstig lieferbar sind. Was nichts daran ändert, dass man auch ganz invididuell planen kann. Manche Anbieter fertigen in einem Raster, so dass man doch nicht ganz beliebig planen kann; und wieder andere sagen, dass Wände, die nicht in einem ganzzahligen Vielfachen des Rastermaßes liegen, zwar machbar aber überproportional teuer und nicht so gut isoliert sind.

Billig sind Fertighäuser allerdings auch nicht. Für ein Fertighaus zahlt man in derselben Größenordnung wie für ein Stein auf Stein gebautes Haus, und abhängig davon, wie man die Ausstattung plant, kann man ein Fertighaus locker teurer machen als ein Stein auf Stein gebautes Haus. Zum Geld sparen taugt es also schonmal nicht. Sprich, ein Fertighaus muss das technisch überlegene Produkt sein, damit man es guten Gewissens kaufen kann.

Ein weiteres Argument für das Fertighaus ist, dass man es hier in aller Regel mit Unternehmen zu tun hat, die eine gewisse Größe haben. Wer seit 25 Jahren jedes Jahr 250 Häuser auf die Bodenplatte stellt, wird mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht ausgerechnet an unserem Bauprojekt pleite gehen. Das ist bei einem der normalen Stein-auf-Stein-Bauträger, die üblicherweise eher kleine Klitschen sind, durchaus wahrscheinlicher.

Schneller als ein konventionell gebautes Haus ist das Fertighaus übrigens auch nicht: Es wird zwar in zwei bis drei Tagen aufgestellt, aber die Vorlaufzeiten mit Entwurfsphase, Genehmigung, Keller, Erdarbeiten etc hat man genau so zu berücksichtigen wie den kompletten Innenausbau. Ein Fertighaus braucht von Unterschrift bis Einzug in aller Regel mindestens sechs Monate, und wenn das Geschäft so brummt, wie es das im Moment tut, eher länger. Wir planten damals im November 2011, Weihachten 2012 im neuen Haus verbringen zu können. Von diesem Ziel sind wir inzwischen weit entfernt.

Neben dem Stein auf Stein gebauten Haus und dem klassischen Holzfertighaus gibt es auch noch Häuser au Betonfertigteilen oder aus vorgefertigten nicht-Holz-Werkstoffen, z.B. Liapor. Auch hierüber haben wir uns - eher oberflächlich - informiert. Zu dem Zeitpunkt, den ich mit diesem Artikel beschreibe, bin ich ca. 50:50 zwischen Stein-auf-Stein und dem Holzständerfertighaus eingepolt.

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Comments

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Michael on :

+1 für Fertighaus (Holzständerwände) +1 für kontrollierte Lüftungsanlage

Für den Schallschutz nehmen wir Poroton.

Viel Erfolg und vor allem starke Nerven!

Marc 'Zugschlus' Haber on :

Wer ist "wir", und wo genau wird der Poroton eingebaut? Poroton ist doch ein konventioneller Baustoff, baut Ihr die ganzen Wände innendrin nochmal nach oder wie?

Dominik on :

Ich habe jahrelang in einem Holzhaus gewohnt. Holz ist ein lebendes Material, das vor allem die Eigenschaft hat, dass es sich mit der Zeit verzieht. Am Anfang merkt man davon nichts, aber nach 10 oder 20 Jahren darf man anfangen, die Türen neu zu justieren, irgendwann abzuschleifen, weil sie nicht mehr passen, etc. Ein Holzhaus verzieht sich. Außerdem sind Holzhäuser wirklich deutlich hellhöriger und - auch wenn sich's nun komisch anhört - wackeln mehr. Spring' mal in 'nem Fertighaus ein paar mal hoch... Ich wohne seit ein paar Jahren in einem massiven, aus Stein gebauten Haus und möchte es nie mehr missen. Der Bau eines Fertighauses kommt für mich daher auf keinen Fall in Frage - da die Kosten in etwa gleich sind schon zweimal nicht...

Robert on :

Wie sieht es denn in einem Fertighaus mit der Möglichkeit aus, Kabelschächte mit einzuplanen? Bei einem Steinhaus kann man ja vor dem Verputzen großzügig Schlitze einsetzen. Bei den Fertighäusern aus den 70ern, die ich noch genauer kenne, sind Schlitze mangels Wanddicke keine Option.

-stm on :

[quote]Was sind die ältesten Häuser, die heute noch stehen? Richtig: Fachwerkhäuser.[/quote]

hm, für geeignete Werte von "Haus", dürfte Stein-auf-Stein schon länger halten :-) http://de.wikipedia.org/wiki/Burg_Kronberg

[quote]Wer seit 25 Jahren jedes Jahr 250 Häuser auf die Bodenplatte stellt, wird mit einiger Wahrscheinlichkeit nicht ausgerechnet an unserem Bauprojekt pleite gehen. [/quote]

Ich sag nur Kampa. http://de.wikipedia.org/wiki/Kampa_(Unternehmen) Da haben wir glücklicherweise aus anderen Gründen die Finger von gelassen. :-)

Im Ernst: a) interessante Einblicke und b) viel Spaß und Erfolg!

Thorsten on :

Also wir wohnen jetzt seit über 10 Jahren in unserem Fertighaus, da wackelt nix....

Marc 'Zugschlus' Haber on :

Liebe Fertighausanbieter, wenn ihr versucht, in meinem Blog Eure URL anzubringen, nur um Eure Suchmaschinenpräsenz zu verbessern, kann Euch passieren, dass ich zwar Euren Kommentar durchlasse, den URL aber nicht.

In den meisten Fällen wird aber einfach auf "Spam" geklickt, "Thorsten" habe ich durchgelassen um diesen Kommentar schreiben zu können.

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